Eine unruhige Nacht ist vorbei. Ich habe das Gefühl unzählige Male aufgewacht zu sein. Ein fremdes Geräusch hier, ein fremdes Geräusch dort. Vielleicht war es ja auch der Verkehr auf der B 3 an welcher der Gasthof direkt liegt? Ich bin jedenfalls schon um 5 Uhr wach als ich den Blick auf das Mobiltelefon wage – um mich noch mal umzudrehen und auf den Wecker zu warten.
Um 7 Uhr ist es dann soweit: Der Wecker holt mich aus dem Schlaf und ich stehe auf. Bereits knapp zwei Minuten später stehe ich am Fenster und mache das erste Bild vom Tag.
Viel zu sehen gibt es nicht. Es ist dunkel – was wenig überraschend ist. Ich hübsche mich auf, mache mich »frühstücks-fein« und begebe mich um 7:30 Uhr hinunter zum Frühstücksbuffet.
»Kaffee?« – »Nein Danke, trinke ich nie.«
Ich ernte ein paar Blicke von den Nachbartischen und sortiere sie in die Schublade mit der Aufschrift »Was ist denn das für einer?«. Nach warmen Brötchen, Wust, Käse und Orangensaft ist das Loch im Magen gefüllt und ich kann mich wieder nach oben in mein Zimmer begeben. Inzwischen hat sich im Osten auch schon etwas getan, die Sonne kämpft sich langsam nach oben in den Himmel.
Aber es ist noch immer kalt. Das konnte ich ja schon gestern[1] lernen: Selbst wenn die Sonne schön scheint wird es vor 11:30 Uhr noch nicht richtig warm sein. Zumindest dann nicht, wenn man sich permanent dem Fahrtwind aussetzt und die Sonne im Rücken maximal (beziehungsweise minimal) die Schultern aufwärmen kann.
Ich gehe noch mal mein Gepäck durch, sortiere aus was ich nicht mitnehmen möchte. Platz für eine Flasche Mineralwasser will im Tankrucksack geschaffen werden. Das zweite Paar Handschuhe bleibt daheim, denn die sind ja heute sowieso teilweise »illegal«. Die Warnweste muss auch zwingend ins Gepäck, würde aber ohnehin kaum Platz wegnehmen.
Wieso ich um 9:30 Uhr zwingend mit meinen Sommerhandschuhen[2] losfahre und die Warnweste nicht fehlen darf? Na, weil es geht heute noch ein kleines Stück weiter in den Westen.
Was Frankreich möchte: Warnwesten und Motorradhandschuhe, welche sich auch als solche ausweisen können. Dem wäre damit dann ja zur Genüge getan. Und natürlich kann ich jetzt schon verraten das ich in keine einzige Verkehrskontrolle gekommen bin. Ob Handschuhe und Warnweste tatsächlich auf die Erfüllung der jeweils vorgegebenen Norm geprüft werden kann ich also nicht beantworten.
Das Wetter spielt mir in die Karten. Ich friere nicht an meinen Fingern sondern fühle mich sogar schon auf der deutschen Seite auf den Landstraßen wohl. Könnte aber auch daran gelegen haben das ich im mutmaßlichen Berufspendelverkehr mit 60 bis maximal 80 km/h unterwegs war.
Für mich irgendwie sehr eindrucksvoll: Passiert man die Grenze wird vieles anders. Die Architektur am Straßenrand (irgendwie anders), der Zustand der Fahrbahnen (deutlich schlechter) und auch die Autobahnen sind ein völlig unbekanntes Erlebnis für mich. Ich war zwar vor Jahren schon in Frankreich unterwegs (und auch auf kostenpflichtigen Autobahnen), aber irgendwie »fühlt« sich alles anders an. Es kommt wie es sein musste: Ich nehme eine Ausfahrt zu früh und fahre in Mulhouse von der A36 nicht auf die N66 in Richtung nordost, sondern lande auf der D68 und mache einen Abstecher in Mulhouse, fahre durch einen Kreisverkehr (welcher unter einer Brücke geführt ist) und lande irgendwann wieder auf der richtigen Straße... Oh, nein. Doch nicht. Damit ich im Durchschnitt fahre nehme ich jetzt eine Ausfahrt zu spät...
Immerhin: Falls es notwendig werden sollte kenne ich jetzt schon den Weg zum IKEA in Mulhouse und wie ich zum Mc Donald's in Lutterbach komme ist mir jetzt auch klar.
Das es eventuell ein wenig problematisch werden könnte hatte ich schon bei der Vorbereitung der Tour am heimischen PC gesehen. Ich hatte Kartenmaterial gesichtet, abgeklärt das die Autobahnen in der Ecke mautfrei sind und natürlich auch mir so meine Gedanken bezüglich der richtigen Ausfahrten gemacht. Tja, das Navi hat mir die Ausfahrten sicherlich richtig angezeigt, aber mit der Sonne im Rücken ist schnell ein »a« oder »b« hinter der Nummer der Ausfahrt falsch gelesen.
Etwa 30 Minuten habe ich so »versemmelt« und ich stehe erst um 11:11 Uhr am ersten Nachweispunkt mit dem klangvollen Namen »Herrenfluh, Col de«, also in etwa »Herrenfluhpass«.
Ich bin mir bewusst wo ich mich hier gerade befinde. Die gut ausgebauten Straßen durch den Mischwald lassen alles herbstlich und fast schon irgendwie lieblich-romantisch erscheinen. Während des ersten Weltkriegs war hier aber keine liebliche Romantik vorhanden. In den vier Kriegsjahren wechselte am Hartmannswillerkopf vier Mal (andere Quellen schreiben acht Mal) die Vorherschaft zwischen Frankreich und Deutschland. Am Ende stehen nüchterne Zahlen: Rund 30'000 deutsche und französische Soldaten fanden hier iim ersten Weltkrieg den Tod. Wo einst viele Bäume standen war (und ist) kaum noch etwas davon vorhanden. Im wahrsten Sinne des Wortes ist Gras über die Sache gewachsen. Die Ursachen für die Spuren liegen nun schon 100 Jahre zurück, dennoch wird die Erinnerung daran lebendig gehalten.
Um an die Sinnlosigkeit des Kampfes zu erinnern wurde eine Gedenkstätte errichtet, der »Historial franco-allemand du Hartmannswillerkopf«[3].
Ich habe den Weg zum Zugang zur »Krypta Hartmannswillerkopf« als Nachweis gewählt. Dort hat sich in den vergangenen Jahren laut Internet auch einiges verändert. Aus ehemals zwei Fahnenmasten mit französischer Beflaggung sind inzwischen drei Masten mit der französischen, der deutschen sowie einer Europa Flagge geworden. Dort wo früher die beiden einzelnen Flaggenmasten standen befinden sich nun fest verschraubte Artilleriegeschosse. Das ehemals rein französische Nationaldenkmal wird zu einer binationalen Gedenkstätte umgebaut.
Man findet viele Zahlen, welche jedoch nicht erklären können wieso die Kämpfe stattgefunden haben. Strategisch soll der umkämpfte Hartmannswillerkopf nicht besonders relevant gewesen sein. So wird jedenfalls rückblickend geurteilt. Ein lange währender Kampf ohne Sieger und ohne Ziel. In der »Nécropole nationale du Silberloch«, der »französischen Kriegsgräberstätte Silberloch« ruhen 1'640 französische Soldaten in Einzelgräbern und weitere 384 unbekannte Soldaten in Massengräbern. In dem unterirdischen Beinhaus (»crypte«, also der Krypta) befinden sich die Gebeine von weiteren 12'000 gefallenen unbekannten französische Soldaten.
Bomben, Minen, Granaten und Giftgas verwandelten den Hartmannsweilerkopf beziehungsweise Hartmannswillerkopf wie er nun offiziell genannt wird zum »Menschenfresser« oder auch »Todesberg« – beides Namen welche die Menschen in der Region für den Ort gewählt haben.
Auf dem Areal befinden sich noch zahlreiche Befestigungsanlagen und Schützengräben. Letztgenannte sollen insgesamt eine Länge von über 90 km aufweisen.Ich habe mich nicht so weit vom Motorrad entfernt das ich auch nur einen kleinen Blick auf Informationstafeln werfen konnte. Die Überreste der Befestigungsanlagen und auch nach 100 Jahren von der Natur nicht verwischten Spuren in Form von Geschosskratern können besichtigt werden.
Ich fahre weiter.
Nicht weit entfernt befindet sich der nächste Nachweispunkt »Amic, Col«. Viele Fahrräder begleiten meinen Weg dorthin und ziehen an mir vorbei während ich das Bild für den Nachweis mache. Es ist sehr ruhig hier heroben. Vielleicht kommt es mir aber auch nur so vor weil ich mir nochmals bewusst mache wo ich mich hier bewege und was hier vorgefallen ist?
Auf dem Weg zum »Le Grand Ballon« (»Großer Belchen«), meinem vierten Nachweis am heutigen Tag verdränge ich langsam die Gedanken und konzentriere mich wieder mehr auf das Fahren und die Eindrücke welche mir Straße und Landschaft bieten.
Kopfsteinpflaster in Kurven, Radfahrer, der Mischwald lichtet sich und gibt immer mehr Raum für Wiesen und einen Ausblick in alle Richtungen (außer Norden).
Ich könnte jetzt weiter meinem Roadbook folgen und weiter Richtung Norden (und Westen) fahren. Hinter dem höchsten Punkt der Passstraße geht es wieder in den Wald hinein – ich beschließe aber umzudrehen. Der Wind pfeift hier oben doch ganz ordentlich. Die zahlreichen weiteren Nachweispunkte kann ich ja in einem der kommenden Jahre erbringen.
Am »Col Amic« befindet sich eine Kreuzung. Während die D431 in Nord-Süd-Richtung verläuft, kreuzt eine Straße von Soultz-Haut-Rhin nach Willer-sur-Thur von Ost nach West. Die Abfahrt vom »Grand Ballon« als höchstem Berg der Vogesen kann auch auf dieser Straße nach Soultz-Haut-Rhin erfolgen. Den Tipp habe ich der Passknacker-Datenbank entnommen. Ich entschließe mich diese Straße zu fahren. Auch wenn sie am Computer daheim ein wenig »wild« aussieht. Aber vor meinen Augen ist ja auch ein Radfahrer hier abgebogen, also komme ich hier sicherlich auch mit dem Motorrad durch.
Bevor ich nach unten fahre packe ich noch einmal das kleine Stativ und den Bluetooth-Fernauslöser aus. Die Fernsicht ist leider nicht wirklich prickelnd, auch oben auf dem »Grand Ballon« gab es nicht viel zu sehen. Den rund 60 km entfernten Feldberg konnte ich jedenfalls nicht erkennen.
Die Straße hat es in sich. Es ist eigentlich keine lange Strecke, aber die zahlreichen Kehren (teilweise 180° um einen Felsen herum) und die schmale Fahrbahn lassen mich die knapp sieben Kilometer durch den Mischwald in 15 Minuten zurücklegen. Mein Navi war der Meinung das hätte ich auch in 12 Minuten schaffen können.
Auch hier sind noch Spuren von Befestigungsanlagen zu entdecken. Neben der Straße erkenne ich noch zwei Unterstände oder Bunker aus Beton an der »Straße ohne Namen« welche mein Navi als »Route de Jungholtz« bezeichnet.
Am »Croix Zimmermann« lege ich eine kurze Pause ein und nehme einen großen Schluck aus meiner Mineralwasserflasche. Den Radfahrer habe ich nicht eingeholt. Dafür kamen mir ein paar Einheimische in PKW entgegen, welche die Strecke wohl öfters fahren. Jedenfalls waren sie (für meinen Geschmack) sehr, sehr flott unterwegs.
»Verglas fréquent« – hier ist man wohl schon auf den Winter eingestellt wenn man vor Eis auf der Straße warnt. Aber vielleicht ist das Schild ja das ganze Jahr in diesem Zustand? Ich habe nicht überprüft was sich hinter dem zugeklappten Schild verbirgt. Mal ganz abgesehen davon das ich es nicht hätte lesen können – ich bin des Französischen nicht mächtig, »Je ne parle pas francais« und natürlich auch »Je ne comprends pas le français«. »Je suis désolé«, mehr bekomme ich nicht hin (und meine Aussprache ist vermutlich grausam).
Die Zivilisation hat mich wieder. Ich erkenne das an den breiten Straßen, dem zunehmenden Verkehr, den Ampeln und natürlich auch an den Hinweisschildern.
Weinreben gibt es hier neben den Straßen in Hülle und Fülle. Leider war kein Anhalten möglich. Daher habe ich dann einfach mal ein wenig »französische Architektur« im Bild eingefangen. Solche »Hausvertäfelungen« wie links am Bildrand kenne ich aus Deutschland jedenfalls nicht. Oder war ich einfach nur noch nicht weit genug herumgekommen?
Es ist Zeit zu Tanken. Ich hatte bewusst nicht in Deutschland getankt, die Preise in Frankreich sind nahezu identisch oder eher einen kleinen Tick günstiger. Statt 1,629 Euro für den Liter E10 in Deutschland bezahle ich hier »nur« 1,593 Euro. Man bin ich ein Sparfuchs.
Wie die Verständigung geklappt hat? Ich weiß das von vielen älteren Personen im Elsass noch immer Deutsch gesprochen wird. Tja... Ich hatte jedoch hinter dem Tresen in der Tankstelle eine junge Dame erspäht. Also sicherheitshalber mal für 20 Euro passend tanken, dann kann man sich schon nicht blamieren wenn man wegen Wechselgeld ein Gespräch anfangen muss.
Die Angst war umsonst, ich wurde als Deutscher entlarvt und nach einem »Bonjour« als Begrüßung ging es mit Deutsch weiter – mit einem sympathischen französischen Akzent.
Was ich mich trotzdem nicht getraut habe: Zu fragen was »fioul« ist. Also schnell ein Foto gemacht und dann via Internet herausgefunden das es als »Schweröl« übersetzt wird?
Kann mich da jemand aufklären was es damit auf sich hat? Kauft man in Frankreich für 1,09 Euro pro Liter Schweröl an Tankstellen? Der Kommentarbereich steht euch zur Verfügung, lasst mich nicht weiter unwissend umherfahren.
Die übrigen Sachen erklären sich ja von selbst. SP95 E10 (»sans plomb«) ist wie der Name schon sagt Super bleifrei mit 95 Oktan und als »E10 Bio-Kraftstoff« schon einige Jahre lang in Frankreich erhältlich. SP98 wäre die Variante ohne »bis zu 10% Ethanol« und kostet als »Premium Kraftstoff« und 10 Cent mehr pro Liter. Gazole ist Diesel und Diesel kostet pro Liter in Frankreich häufig genausoviel wie Super E10. An Supermarkttankstellen kann man günstiger Tanken (bis zu 10 Cent pro Liter sind da wohl üblich), aber dann ist meistens auch Kartenzahlung notwendig. Das wollte ich vermeiden. Bei einem kleinen Motorradtank spielt es – meiner Meinung nach – sowieso keine große Rolle. Zumal ich für deutlich mehr als 20 Euro pro Tag auf meiner aktuellen Tour Kraftstoff in Geschwindigkeit und Geräusche durch den Motor konvertieren lasse.
Ich, Frankreich und der Zustand der Straßen. Was ich als Klischee eingetrichtert bekommen habe: Die mautpflichtigen Autobahnen sind top. Die mautfreien Autobahnen »ganz okay« und die Landstraßen wären »manchmal schon übel«. Zu meinem Erstaunen waren die Straßen welche ich zum »Grand Ballon« hinauf gefahren bin in sehr gutem Zustand. Auch das Kopfsteinpflaster, welches manchmal in den Kurven anzutreffen war.
Die »chronische Unterfinanzierung« des Straßennetzes scheint mich aber unten im Rheintal dann doch häufiger betroffen zu haben? Jedenfalls hatte ich etliche weggebröselte Fahrbahnoberflächen. Ich spreche dabei nicht vom Fahrbahnrand sondern von langen aber nicht tiefen »Furchen« im Fahrbahnbelag der Landstraßen. Um sowas vorzubeugen werden wohl Bitumenstreifen aufgebracht? Dann sieht es so aus wie auf dem Bild oben. Die »Bitumenstreifenorgie« zieht sich über rund 150 m vor dem Kreisverkehr hin. Damit wäre ich dann auch schon beim nächsten Thema angekommen.
Ich, Frankreich und der Kreisverkehr. Der Kreisverkehr? Wenn es nur ein einzelner gewesen wäre. Ich glaube irgendwann hat mal jemand bei der Planung der Straßen seine Kaffeetasse auf den Plan abgestellt. Leider gab es deshalb überall kreisrunde Kaffeeflecken auf dem Plan und natürlich wurden all diese Kreisel dann gebaut. Anders kann ich es mir wirklich nicht erklären. Kreisel folgt auf Kreisel folgt auf Kreisel. So kam es mir jedenfalls vor.
Was ich mir zuvor angelesen habe: Anders als in Deutschland haben in ein Kreisverkehr einfahrende Fahrzeuge immer Vorfahrt – außer ein Schild sagt das es nicht so ist. Nach »Vous n’avez pas la priorité« (»Sie haben keine Vorfahrt«) oder eben »cédez le passage« (»Vorfahrt geben«) sollte ich Ausschau halten und habe es auch zahlreich finden können. Was ich mir auch angelesen hatte: Bei mehrspurigen Kreisverkehren haben die inneren Spuren Vorfahrt vor den äußeren. Schön das ich das wusste. Was mache ich aber wenn bei den vielen, vielen Kreiseln gar keine Markierungen vorhanden sind und die Fahrzeuge machmal zu zweit oder zu dritt nebeneinander fahren (insbesondere Motorroller und Radfahrer)? Hilfe!
Ich habe einen französischen Lieferwagen gefunden und habe es ihm einfach nachgemacht: In den Kreisel einfahren und wenn man die zweite oder dritte Ausfahrt nimmt einfach stur eine neue »innere Spur« eröffnen. Anschließend zum Verlassen der imaginären inneren Spur den Blinker nach rechts setzen und darauf vertrauen, dass alle verstehen das man jetzt Vorfahrt beansprucht.
Es ging alles gut... Aber ich war irritiert: Hieß es nicht irgendwo mal das »die Franzosen nicht gerne blinken«? Egal. Ich komme in einem Stück durch die Kreisel und finde schließlich auch zurück nach Deutschland.
Ganz ehrlich: Ich habe noch nie einen Grenzübergang so bewusst wahrgenommen. Das lag natürlich zum Einen daran das ich den Rhein überquert habe und viele, viele Fahnen und Schilder mich auf den bevorstehenden Grenzübertritt vorbereitet haben. Der eigentliche »Aha-Effekt«: Der Straßenbelag wurde sofort besser als ich wieder deutschen Asphalt unter den Rädern hatte.
Kaiserstuhl statt Vogesen. Sicherlich nicht zu vergleichen, aber wenn die Tage kurz sind (und der Wind kalt) eindeutig eine angenehme Alternative.
Die vier Nachweispunkte auf dem Kaiserstuhl kenne ich noch von 2013, da »flutscht« das Erbringen der Nachweise sehr zügig. Trotzdem dauert es rund 40 Minuten bis alle vier Punkte angefahren und die Bilder gemacht sind.
Wanderer und Spaziergänger beobachten mich, trauen sich aber wohl nicht nachzufragen was ich da so mit dem Poster und den Magneten am Tank der GS mache. Lediglich ein Pärchen mit VW-Bus grüßt mich freundlich während es ihr Vesper auf dem Wanderparkplatz bei offener Schiebetüre verzehrt.
Der Wanderparkplatz »Bahlinger Eck« ist verwaist. Eigentlich kein großes Wunder, heute ist schließlich ein Donnerstag und um 14:02 Uhr sitzen die meisten bei der Arbeit und wandern nicht auf dem Kaiserstuhl umher.
Der vierte und letzte Nachweispunkt ist der »Vogelsang-Pass«. 2013 war dies mein Einstiegspunkt, 2018 verabschiede ich mich vom Kaiserstuhl an diesem Ort. Aber nicht ohne noch ein Panorama mit Blick über die Weinberge zu erstellen. Wieso die anderen Wanderparkplätze so leer waren erklärt sich eventuell auch anhand vom Panorama. Hier stellen also alle ihre Autos ab und spazieren los?
In meinem Roadbook hatte ich den weiteren Verlauf meiner heutigen Tour anders geplant. Ich wäre erst viel, viel später am Kaiserstuhl angekommen und hätte in den Vogesen noch deutlich mehr Nachweise »eingefahren«. Aber als »Plan B« hatte ich mir schon zurechtgelegt die Tour von 2013 einfach rückwärts zu fahren. Statt bei regennasser Fahrbahn den Kandel hinunter geht es heute bei trockener Straße den Kandel hinauf.
»11 km Straßenschäden«. Die Landesstraße L 186 von Waldkirch auf den Kandel hat sich nicht wirklich verändert. In jedem Fall hat sie sich nicht verbessert. Zumindest nehme ich es so wahr. Ob auch schon vor fünf Jahren so viele Warnschilder am Straßenrand montiert waren? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall sind zahlreiche Schilder montiert und erinnern regelmäßig daran, dass man hier auf einem Stück ziemlich desolater Straße unterwegs ist. Es wird also das Offensichtliche betont.
Oben auf dem Kandel angekommen grüßt mich der Fahrer einer Sportmaschine, welchen ich beim Fotografieren am Fuße des Hügels habe vorbeiziehen lassen. Er setzt gerade den Helm ab, er war wohl auch nicht allzu flott unterwegs?
Aufgrund der geringeren Höhenunterschiede zwischen Berg und Tal läd die Landschaft immer wieder zum Anhalten und umschauen ein. Auf der sehr, sehr wenig befahrenen Straße vom Kandel zum nächsten Nachweispunkt »Potsdamer Platz« wird daher auch flugs ein Panorama erstellt.
Es ist 15:19 Uhr, die Schatten sind schon wieder lang geworden. Okay, eigentlich sind sie den ganzen Tag über »lang«. Die Sonne gibt ihr Bestes, aber im Wald ist es spürbar kühler als zuvor bei der Aufnahme vom Panorama.
Die 991 Höhenmeter nimmt man – also zumindest ich – gar nicht wahr. Weil »alles so hoch liegt« fühlt es sich eher flach und irgendwie auch »niedrig« an. Wenn in ein paar Wochen hier wieder der Schnee liegt während es in den Tälern regnet wird der Höhenunterschied wohl unübersehbar sein.
Ein Panorama geht noch. Es wird das letzte Panorama für heute sein. Ähnlich wie auf dem »Grand Balloon« ist die Fernsicht nicht wirklich überragend. Das Spiel von Licht und Schatten bis hin zum Horizont lässt sich leider nicht so einfangen wie man es mit den Augen wahrnehmen kann.
Die groß dimensionierte Bushaltestelle am Nachweispunkt »Birkweghof« dient derzeit als Lager für Baumaterial. Vor einigen Wochen standen hier noch große Kabeltrommeln. Dies konnte ich jedenfalls in der Passknackerdatenbank anhand der in diesem Zeitraum erbrachten Nachweise schon sehen. Anscheinend kommen sie mit den Arbeiten gut voran, es ist schon wieder deutlich mehr Platz an der Haltestelle – das Gegenlicht ist trotzdem da.
Wenn ich das Plakat richtig verstehe müssen Motorradfahrer mit schwarz-rot-weißen Lederkombis und roten Helmen unglücklich über die Preise sein. Glatzköpfige Sonnenvermeider die sich keinen Helm leisten können sind hingegen Frohnaturen.
Aber eigentlich sollen auch die traurigen Typen den roten Helm absetzen. Das steht jedenfalls über dem Bild.
Da beide im Bild dargestellten Szenarien für mich irgendwie nicht zutreffen lasse ich meinen gelben Helm auf, klappe das Kinnteil hoch und werde ohne das jemand meckert bedient.
In idyllischer Atmosphäre mit dem Altpapiercontainer im Rücken verzehre ich das käuflich erworbene Snickers und spüle es mit Cola hinunter. Die 2,30 Euro teure Versorgung mit Zucker sollte also erst einmal bis zum Abendessen locker reichen.
Ich bin schon auf dem Rückweg, ich »nehme« nur noch einen Nachweispunkt mit bevor ich im Navi die Adresse vom Gasthof erneut aufrufe. Der Nachweispunkt »Mooshöhe« liegt fast am Weg und ist auch schnell erbracht. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen das ich nun noch rund eine Stunde bis zu meinem Feriendomizil fahren darf.
Während ich schon weiß wie ich mich heute Nacht betten werde war noch unklar wo die BMW stehen darf. In der Scheune war heute Platz, daher durfte sie heute Abend hier eingestellt werden.
Das übliche Ritual nach einem Tag auf dem Motorrad: Endlich raus aus der Motorradkluft, die Funktionsbekleidung abstreifen (oder abziehen?) und duschen. Da fällt mir ein das ich heute früh noch ein kleines Problem hatte: Ich konnte das Licht im Bad zunächst nicht einschalten.
Wer kommt aber auch auf die Idee eine Steckdose so zu gestalten das man sie erst einmal für einen Lichtschalter halten muss?
Dafür wusste ich heute abend wo ich meinen eigenen Fön einstecken konnte. Der im Bad fest montierte Fön erfüllte zwar auch seinen Zweck, aber meine Haare sind an den anderen Fön eben gewöhnt.
Vor dem Abendessen noch ein kurzer Spaziergang. Wie gestern Abend bin ich noch ein paar Schritte zur nahegelegenen Tankstelle gegangen um die Temperatur festzuhalten. 18°C statt den 20°C welche gestern abzulesen waren.
Nur noch wenige Minuten, dann sollte die Sonne wieder gänzlich verschwunden sein. Daher sind die beiden Bilder auch so rotstichig.
Donnerstags hat das Restaurant geöffnet. Ich verpflege mich mit einem Spezi, einem panierten Schweineschnitzel mit Pommes (und einem kleinen gemischten Salat) und runde es mit einem alkoholfreien Erdinger Weizen ab.
Das Essen war gut, fast schon zu viel, ich bin mehr als satt geworden.
Auf dem Zimmer angekommen schreibe ich wieder meine Notizen in mein kleines gelbes Buch und studiere auf dem Smartphone die Wettervorhersage für morgen. Mir gefällt gar nicht was ich da so lese: Nebelwarnungen bis in den späten Vormittag hinein. Na, vielleicht habe ich ja Glück und das hat sich bis nach dem Frühstück schon verzogen?
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Datum: | 18.10.2018 |
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Kommentare
Rainer Zufall
schrieb am 07.11.18 um 11:26 Uhr:
schön geschrieben und schöne bilder. ich glaube nicht das sie wirklich überall solche kontrollen durchführen. habe jedenfalls noch nirgendwo gelesen das jemand wegen einer fehlenden warnweste in frankreich bezahlen musste.
für 10 kmh zuviel wird aber natürlich gerne zur kasse gebeten. da sollte man peinlich genau auf seinen tacho schauen. in frankreich sind übrigens auch versteckte blitzer erlaubt. aber die blitzen wohl nur vorn vorne. ich habe es noch nicht ausprobiert, halte mich von frankreich und der schweiz fern. kann schnell teuer werden.
Rainer Zufall
schrieb am 07.11.18 um 11:28 Uhr:
noch ein nachtrag. am 11.11.1918 trat der waffenstand in kraft. also wird es vermutlich am kommenden wochenende auch bei den von dir besuchten stätten entsprechende veranstaltungen zur erinnerung geben.
X_FISH | https://www.600ccm.info
schrieb am 07.11.18 um 22:40 Uhr:
Ich wurde in Österreich auch noch nie wegen meinem Verbandskissen kontrolliert. Aber irgendwann wird es mal soweit sein und dann habe ich es hoffentlich auch wieder im Rucksack oder hinten auf die Sitzbank geschnallt. Oder ich finde wie bei der XJ 600 S oder der GSF 1200 ein kleines Plätzchen unter der Sitzbank und fahre es immer dort spazieren.
In Österreich zu schnell zu fahren ist auch nicht wirklich günstiger. Ist es überhaupt in einem anderen Land außer Deutschland weniger teuer zu schnell zu fahren und erwischt zu werden?
Das zum 11.11.18 dort und auch woanders an die Folgen erinnert wird glaube ich auch. Ich denke auch das man bewusst bis zu diesem Datum die Gedenkstätten renoviert oder eben auch inhaltlich überarbeitet hat.