Der Mai. Eigentlich ja als Wonnemonat bekannt sorgte er bei mir für ein wenig Frust. Warum überhaupt? Schließlich gab es endlich das schon im April von vielen ersehnte »Motorradwetter«: weiß-blauer Himmel, recht angenehme Temperaturen und die Lust zu fahren war auch bei mir wieder erwacht.
Die erste Tour war für mich leider erst möglich als schon knapp das erste Drittel des Monats vorbei war. Zeit für den Anbau der Barkbusters hatte ich noch immer keine gefunden, aber bei gutem Wetter schrauben statt zu fahren wäre ja auch nicht optimal?
Immerhin hatte ich schon mal die Kunststoff-Griffschützer (original Triumph) von meiner Tiger 800 abgenommen. So konnte denen heute nichts passieren.
Gleich am ersten Nachweis des 9. Mai meinte ich es sei clever die Tiger erst ein wenig den Hang herunterzufahren um dann in einer Kurve gemütlich wenden zu können. Tja. Denken clever zu sein bedeutet nicht zwangsläufig auch tatsächlich einen cleveren Plan ausgeheckt zu haben.
So nahm das Schicksal seinen Lauf – aber immerhin lagen die demontierten Griffschalen sicher daheim in der Garage.
Die Tiger hatte heute ihren eigenen Willen. Könnte ich jetzt jedenfalls so behaupten. Tatsächlich hat es sich ja anders zugetragen (Physik plus schlechter Untergrund und fehlendes Geschick). Aber zunächst mal die Variante wie es sich abgespielt haben könnte:
X: »Schau mal Tigerchen, schönes Wetter heute. Die Windräder drehen sich lustig, der Raps blüht und die Sonne scheint ganz doll.«
Tiger: *gähn*
X: »Jetzt schau doch Tigerchen, alles schön hier heroben auf der Ostalb.«
Tiger: »Tiger jetzt müde. Tiger jetzt schlafen!«
X: »Äh, nein... Halt, Stopp...«
Regieanweisung: Tiger 800 senkt sich der Schwerkraft folgend langsam auf die rechte Seite
X: »TIIIIEEEGER? Du hast doch noch nicht mal die Barkbusters montiert...«
Tiger: »Tiger schlafen JETZT!«
X; »Hmpf... Kann mal jemand helfen?«
Regieanweisung: Auftritt Kawasakifahrer mit Sozia auf chromblitzender Kawasaki
Kawasakifahrer: »Was hast denn du da gemacht?«
X: »Mein Motorrad war müde, da haben wir eine Pause gemacht.«
Kawasakifahrer: »...« *Schweigen*
Was ich jetzt jedenfalls weiß: wenn sich die Tiger 800 auf die Seite legt, ist das Hinterrad komplett in der Luft. Der Radwechsel und die Kettenpflege können so auch ohne Haupt- oder Montageständer einfach und bequem durchgeführt werden.
Der Ablauf wie es wirklich war – eigentlich ein ganz klassischer Anfängerfehler (oder eben für langjährige Fahrer der Start in die Saison wenn man noch ungeübt ist).
Was habe ich falsch gemacht? Ich stand an dem Passknachernachweispunkt und wollte mit der Tiger wenden. Oben am Nachweispunkt ging die nicht, es lang zu viel Dreck auf der Straße und ich bin schon da immer wieder beim Versuch zu rangieren mit den Stiefeln auf dem trockenen Dreck weggerutscht. Das es weiter unten auf der Asphaltstraße nicht besser werden sollte ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Also bin ich die Straße langsam runtergefahren. Es war eher ein herunterrollen, dies aber schon im 2. Gang. In der Kurve angekommen wollte ich die Tiger mit Vorderrad bergauf stellen, die Maschine dann vom eigenen Gewicht gezogen rückwärts rollen lassen und dann wieder die Straße nach oben fahren.
Dazu kam es aber nicht mehr. Angehalten habe ich im 2. Gang, dann wollte ich in den 1. Gang schalten. Also das Gewicht voll auf's rechte Bein verlagert um mit dem linken Fuß schalten zu können. Unter der Stiefelsohle hatte ich jedoch auch da schon wieder trockenen Dreck, welcher wie Kugellager gewirkt hat. Ein Teil davon ist auf dem Bild oben mit der »schlafenden Tiger« zu sehen.
Es folge eine gymnastische Einlage in Form von einem unfreiwilligen Spagat meinerseits. Alles was ich noch tun konnte war sanft die Tiger auf die Seite abzulegen. Daher ist der Lenker auch nach rechts eingeschlagen und nicht nach links (wie man sonst vermuten könnte wenn sie umgekippt wäre).
Per Hand dann den Seitenständer ausgeklappt damit der Motor ausgeht. Und natürlich als Auflagefläche für's erfolgreiche Hochheben und Aufstellen, theoretisch jedenfalls. Denn alleine habe ich das erst einmal nicht hinbekommen.
Blöd war vor allem wie ich es geschafft habe die Tiger abzulegen. Beim Versuch die Maschine aufzustellen ist sie mir hinten auf der Fußraste immer wieder weggerutscht – sie lag ja mit beiden Rädern bergab. Anstatt mit dem Hinterrad durch Anheben wieder mit dem Teer Kontakt zu bekommen, rutschte mir die Maschine gleich wieder weg.
Ich kam mit meinem Gesäß oder Rücken einfach nicht weit genug unter die Seite der Maschine. Bei meinen Versuchen konnte ich die Maschine nur mit Kraft der Beine zwar etwas anheben, dann musste ich schon wieder feststellen, wie das Hinterrad einfach weiterrutscht statt Grip zu finden und die Maschine lag wieder auf der Soziusraste auf.
Zu zweit mit einer Person am Heck und der anderen am Lenker ging es dann problemlos. Muss mir wohl mal eine saftige, weiche Wiese oder einen Sandkasten zum Üben suchen? Mit Hilfspersonal daneben?
Hätte ich mal lieber die Barkbusters montiert. Warum? Das ist auf dem nächsten Bild zu erkennen.
Immerhin ist nichts abgebrochen und der Bremshebel ist nicht mal verbogen worden. Ich hatte sie aber auch – dem Wunsch der Schwerkraft folgend – möglichst langsam und sanft abgelegt.
Der Kawasakifahrer mutmaßte die Tiger sei mir zu hoch. Eigentlich ist dem ja nicht so. Als er wieder auf seiner Kawasaki saß – mit Sozia hintendrauf – war aber deutlich: er hat in jedem Fall den besseren Stand.
Nach einem Check der Maschine ob noch alles da ist wo es hingehört und nichts irgendwo herausläuft habe ich meine Tagestour fortgesetzt.
Sonntags ist man selten alleine unterwegs. Die Straßen waren voll mit Radfahrern (elektrifiziert oder auch noch klassisch mit Muskelkraft betrieben), Motorrädern (viele grüßende Hände) und natürlich auch Ausflüglern in Cabrios oder geschlossenen PKW.
Auf den Bildern wirkt es immer so als wäre ich allein unterwegs und es gäbe weit und breit niemanden. Das täuscht gewaltig. Ich passe einfach nur die Momente ab, in denen sich niemand auf das Bild hineinmogelt. Dann muss ich später niemanden verfremden und auch keine Kennzeichen unkenntlich machen.
Das Bild, welches am Nachweispunkt »Einkorn« entstanden ist, vermittelt da schon ein deutlich realistischeres Bild. Zwar sind nicht immer so viele Cruiser unterwegs. Aber wenn man mal welchen begegnet ist es tatsächlich meistens dem Klischee entsprechend eine größere Ansammlung.
Die aktuellen Regeln zum coronabedingten Abstand zwischen Gesprächspartnern würden vermutlich auch einen Plausch wieder zulassen. Aber mir ist nicht so danach mich mit fremden Menschen, die ich zufällig treffe, zu unterhalten. Extra eine Maske dafür aufzusetzen ist auch komisch. Da wollte ich lieber gleich weiterfahren – und prompt wurde ich angesprochen.
»Ist das Ihre?« will ein älterer Herr wissen. Er zeigt auf eine der Cruiser. »Nein, mir gehört die schwarze Triumph.«. Der Blick des älteren Herrn wanderte durch die Reihe der abgestellten Maschinen. Ich deutete auf meine Tiger 800.
»Oh, so etwas Modernes?«. Der ältere Herr wirkte enttäuscht. »Die kommen doch jetzt auch nur noch aus China?« fügte er mit einer Spur Abfälligkeit hinzu.
»Aus Thailand« korrigiere ich ihn, »Aber meine hier ist eine der ersten Tiger 800. Die wurden noch in Hinckley, also aus der Nähe von Birmhingham in England gebaut.«. Ich erntete ein zustimmendes Nicken. »800 Kubik? Früher hatten wir sowas noch nicht. Da waren wir auch schon mit 350 Kubik zufrieden. Gute Fahrt!«
Offensichtlich sind neumodische Maschinen, welche nach Fernost aussehen und tatsächlich noch aus England kommen kein nachhaltiges Gesprächsthema?
Aus England kam sie, nach Wüstenrot rollte sie. Am Nachweispunkt hat sich mal wieder etwas verändert: das Haus wird nun renoviert. Mal sehen ob man nächstes Jahr wieder den Nachweis bequem machen kann oder ob der Hausbesitzer oder -bewohner sich mit Pflanzkübeln oder ähnlichem dagegen wehrt?
Das erste mal in Jux mit der Tiger 800. Letztes Jahr war ich hier im Rahmen von meinem Besuch beim nun Vorbesitzer der Tiger 800. Anders als bei meiner BMW gab es mit der Tiger 800 beim ersten Besuch in Jux keine technischen Probleme. Dafür war die Anfahrt wieder erschwert: Straßensperrungen hier, Umleitungen dort. Einen Nachweispunkt habe ich daher auf der Tagestour komplett ausfallen lassen.
Immerhin ist der kleine Brunnen gleich neben der Bushaltestelle für Ostern geschmückt worden. Die Gastwirtschaft am Platz war geschlossen – wie so vieles aktuell noch immer geschlossen ist.
Das Wetter war gut. Zu gut. Es wurde immer wärmer, auch beziehungsweise gerade unter der Lederkluft.
Einen Nachweis habe ich wegen erneuter Straßensperrungen und Umleitungen wie schon erwähnt ausgelassen. Die übrigen Nachweise habe ich unspektakulär aber recht heftig schwitzend der Reihe nach abgefahren. Etwa eine Stunde von daheim entfernt war dann auch die Flasche mit dem Mineralwasser im Tankrucksack gänzlich geleert.
Von der »Bikerkontrollaktion« der Polizei am 9. Mai 2021 habe ich am Rande einiges mitbekommen. Ich bin an mehreren dieser angekündigten Kontrollpunkte bei sogenannten »beliebten Motorradstrecken« vorbeigekommen.
Teilweise waren die Kontrollpunkte tatsächlich an offensichtlichen Motorradstrecken gelegen, teilweise lagen sie aber auch völlig unerwartet an einer Strecke, die ich gar nicht so als klassische Motorradstrecke gesehen hätte. Interessiert hatten sich die Beamten aber offensichtlich eher für Supersportler und weniger für schwarze Enduros. Ich durfte jede Kontrolle passieren und wurde nicht mit der Kelle herausgebeten. Vollverkleidete Maschinen mit Menschen in bunten Lederkombis waren bei den Beamten deutlich beliebter.
Das Wetter wurde immer besser, die Laune wurde auch besser. Zumindest so lange bis ich die aktuelle Entwicklung der Preise an den Zapfsäulen ins Auge gefasst hatte.
Ich war bereits an einigen Tankstellen vorbeigefahren, aber irgendwann meckerte die Tiger 800 dann mit einem penetrant orange leuchtenden Hinweis darauf hin, dass man früher oder später an die Zapfsäule rollen muss.
Was aktuell wieder als Begründung dienen darf wieso die Preise teurer wurden hatte ich nicht wirklich mitverfolgt. Die Tour bin ich Anfang Mai gefahren, Pfingsten fiel dieses Jahr auf den 23. Mai. Ostern war bereits Anfang April. Also schied der Urlaubsreiseverkehr als Begründung aus.
Liegt es also einfach nur am Mai? Am guten Wetter? An der Weltwirtschaftslage? Die Erklärungsversuche decken wie immer ein breites Feld ab. Der Liter Super für über 1,60 Euro ist in den letzten Tagen schon häufiger anzutreffen gewesen. E10 mal mit 6, mal sogar mit 8 Cent Differenz, üblicherweise jedoch mit 2 Cent Unterschied zum Liter Super E5.
Da hilft kein Meckern und kein Jammern, getankt werden muss so oder so.
Tanken ist noch immer nur mit Maske möglich. Eigentlich soll man schon beim Tankvorgang die Maske im Gesicht haben. Viele halten sich aber nicht (mehr) daran. Ich schiebe mir die Maske noch immer zwischen das Schlauchtuch und das Gesicht. Dann sitzt sie fest und sicher – und fällt mir nicht auf den Boden in die obligatorische Diesellache, welche immer wieder anzutreffen ist.
Die Avia ist mit ihrem Schild nicht ganz aktuell unterwegs. Zulässig ist nur noch eine »medizinische Maske«. Also entweder die »OP-Maske« oder eine FFP2-Maske. Vermutlich bekamen die Tankstellenpächter noch kein neues Plakat zum Aushängen?
Der Rest vom Mai? Also wenn ich nicht gerade auf Handwerker gewartet habe, war das Wetter nichts zum Motorradfahren. Teilweise heftige Gewitter mit Blitz und Donner sorgten dafür, dass das Fellknäul lieber in den Keller gegangen ist.
Da grollt der Donner nicht mehr so laut, Blitze sieht man sowieso nicht und im Zweifelsfall duckt man sich einfach in die Kunststoffkiste ganz tief hinein. Das macht zwar das Wetter nicht besser, aber bei viel Angst vor schlechtem Wetter hat man zumindest eine Zuflucht.
Ich habe kein Problem Spinnen anzufassen. Oder sie mit dem Finger anzustupsen damit sie in die – meiner Meinung nach – richtige Richtung laufen. Leider haben Spinnen nicht nur acht Beine und viele Augen sondern auch ganz eigene Vorstellungen davon wo es hingehen soll.
Das Prachtexemplar einer Hauswinkelspinne (?) wollte jedenfalls in einen Winkel im Haus. Ich wollte aber das sie sich außerhalb vom Haus einen Winkel sucht.
Hätte ich mal lieber ein Stück Papier genommen. Oder ein Taschentuch. Oder sonst etwas. Nein, ich musste ja meinen Finger nehmen und die Spinne sanft anstupsen und aus der Haustüre hinausdirigieren. Das Fand sie zwei Mal nervig und beim dritten Mal ist ihr offensichtlich das Temperament durchgegangen.
Ein schlafender schwarzer Tiger, ein sich in Boxen versteckende kleiner Stubentiger und zum Abschluss eine wehrhafte Spinne. Einfach tierisch dieser Mai 2021.
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Datum: | 31.05.2021 |
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